Geschichte der Synagogengemeinde Zeven
1823 wurde der erste Jude im Amt Zeven registriert. Die Zevener Synagogengemeinde bildete sich 1842. Damals zählte die Gemeinde 22 Seelen aus fünf Familien in der Umgebung. Die Gemeinde aber bestand nur aus zehn erwachsenen Männern. Für einen jüdischen Gottesdienst ist das Quorum von mindestens zehn mündigen Männern nötig. Bei Abwesenheit von männlichen Gemeindemitgliedern mussten, wie oft in ländlichen Regionen, jüdische Einwohner anderer Orte eingeladen werden. Deswegen wurde die Lebensfähigkeit 1843 schon stark bezweifelt.
1851 bestand die Gemeinde nur noch aus vier Familien. Wegen der geringen Zahl und auch ihrer dürftigen Vermögensverhältnisse konnten die Juden der Zevener Gemeinde keinen Religionslehrer anstellen. Der Wunsch nach einer eigenen Gemeinde in Zeven war groß, die Mitgliederzahl jedoch zu gering. Auf Vorschlag des Landrabbiners Dr. Heilbut, schloss sich Zeven 1858 mit Bremervörde zu einer Gemeinde zusammen.
1867 wurde in der Kleinen Ahe ein Friedhof als Begräbnisstätte für die Zevener Gemeindemitglieder angelegt.
Seit 1933 fand der Religionsunterricht in Zeven wieder statt. Am 28. Februar 1937 wurde der Betsaal im Haus der Familie Neugarten feierlich eingeweiht. Das war wahrscheinlich eine der letzten Einweihungen eines Synagogenraums in Deutschland.
Anwesend waren Mitglieder der örtlichen und benachbarter jüdischer Gemeinden, der Vorsitzende des Holsteinischen Verbandes, Paul Müller, die Vorsteher der Nachbargemeinden und der Hamburger Oberrabbiner Dr. Carlebach, der eine Weiherede hielt.
Der Harburger Kantor Alfred Gordon brachte in seiner Rede die Gefühle, die mit dieser Synagogeneinweihung verbunden waren, zum Ausdruck:
"Durch das von Sorgenwolken umhangene Dunkel dieses von Gott verhängten Schicksalsverlaufes dringt dann ein wärmender Strahl, wenn wir zusammen kommen können, um auf deutscher Erde das jetzt so seltene Fest einer Synagogenweihe zu begehen. Bedeutet eine solche Stunde doch, dass für eine Gemeinschaft jüdischer Menschen ein geistiges Zentrum gestaltet wird, welches für sie eine Quelle der Kraft sein soll, aus der sie den labenden Trunk schöpfen können, wenn die Seelen verschmachten im harten Kampf um des Lebens Notwendigkeiten."
Familien in Zeven und Umgebung
Bernhard Blumert, geb. am 30. Januar 1894 in Grajewo, heiratete 1920 Frieda Selma Wolff, geb. am 29. Oktober 1896 in Aurich. Beide waren bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten angesehene Bürger und besaßen ein Haus im Herrenbrümmer 298 (heute Nr. 4). Das Geld verdiente Bernhard, wie viele andere Juden auch, als Viehhändler.
Das Ehepaar Blumert hatte vier Kinder: Rosa (1921), Werner (1923), Siegfried (1926) und Fritz (1932). Siegfried starb nach 1933 in Hamburg. Rosa konnte Deutschland 1939 verlassen, emigrierte zunächst nach England und von dort aus später nach Kolumbien.
Am 10. November 1938 wurde Bernhard Blumert, wie viele andere Juden auch, festgenommen. Nach seiner Haft im KZ Sachsenhausen zog er 1939 nach Bremen und musste dort Zwangsarbeit leisten.
Am 18. November 1941 wurde das Ehepaar mit ihren Söhnen Fritz und Werner nach Minsk deportiert. Nur Werner Blumert überlebte. Er wurde kurz vor der Räumung des Ghettos zum Arbeitseinsatz nach Polen deportiert. Seine Befreiung erlebte er im KZ Dachau. Später kehrte Werner Blumert nach Zeven zurück und betrieb ein Taxiunternehmen. 1960 zog er nach Hamburg.
Erich Neugarten wurde 1901 in Mengede geboren.
Er begann dort eine Viehhändlerlehre und ging dann zu seinem Bruder nach Zeven. Hier lernte er das Schlachterhandwerk und stieg in das Viehhandelsgeschäft seines Bruders ein.
Er heiratete 1930 seine Henriette (Henny) Pollack aus Räthen und kaufte daraufhin das Haus in der Gartenstraße 336 (heute Nr. 16), das er fortan mit seiner Frau, seinen Kindern Susi-Renate (geb. 1931) und Joachim (geb. 1932) sowie mit seiner Schwiegermutter bewohnte.
1937 wurde im Haus der Neugartens der Betsaal der jüdischen Gemeinde eingerichtet.
Während des Reichspogroms erlebte die Familie Neugarten Misshandlungen, Erniedrigungen und Hausdurchsuchungen. Der Betsaal wurde vollständig zerstört.
Erich Neugarten wurde mit anderen jüdischen Männern aus Zeven ins Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert.
Nach seiner Entlassung kehrte er vier Wochen später nach Zeven zurück, wo er jedoch nur wenige Tage blieb. Er setzte alle Hebel in Bewegung, um möglichst bald auszuwandern. Zunächst ging er mit seiner Familie nach Bremen, wo er bis zu seiner Ausreise am 23. August 1939 auf dem jüdischen Friedhof Zwangsarbeit leisten musste.
Dank seines Schwagers Adolf Pollack, der ihr Geld vorstreckte, konnte die Familie noch rechtzeitig in die USA auswandern.
Bertha Freudenthal und Paul Dieroff
Die Jüdin Bertha Rothgießer, geb. am 17. Oktober 1889 in Hamburg, heiratete dort 1911 den evangelischen Buchhalter Heinrich Dieroff. Dieser wurde 1914 Landwirt und richtete nach dem Ersten Weltkrieg 1919 in Badenstedt bei Zeven eine Gärtnerei ein.
Am 30. November 1928 wurde ihr Sohn Paul geboren. Nach dem Tode ihres Mannes 1930 heiratete Bertha 1932 den nichtjüdischen Zevener Holzhändler Wilhelm Freudenthal, der 1931 das Dieroffsche Anwesen erworben hatte. Paul Dieroff wurde 1932 evangelisch getauft und 1935 in Zeven eingeschult.
Wegen der sich nach 1933 häufenden Anfeindungen seitens der ländlichen Bevölkerung verkaufte die Familie Freudenthal 1938 ihr Grundstück und zog in die Großstadt nach Hamburg-Nienstedt. Paul besuchte dort erfolgreich die Schule und trug mit Stolz seine Jungvolk-Uniform.
Im Frühjahr 1943 wurden Bertha und ihr Sohn von einem Nachbarn denunziert, weil sie wegen eines Kinobesuchs gegen das für Juden geltende Verbot, das Haus nach 20 Uhr zu verlassen, verstoßen hatten. Bertha Freudenthal musste sich von ihrem Mann scheiden lassen und wurde zusammen mit Paul in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort wurde sie Anfang Mai 1945 von den sowjetischen Truppen befreit und konnte einige Wochen später, gesundheitlich schwer gezeichnet, zu ihrem Mann nach Hamburg zurückkehren.
Paul Dieroff kam im Oktober 1944 ins KZ Auschwitz, wurde dort als arbeitsfähig eingestuft und am 27. Oktober nach Dachau weitertransportiert. Im KZ-Außenlager Kaufering kam er am 15. Dezember 1944 ums Leben.
Albert Rosenthal wurde 1882 in Soest (Westfalen) geboren. Auch er war von Beruf Viehhändler.
1914 zog er nach Zeven und wohnte im Kattrepel 54.
Albert heiratete 1908 Ida Fraenkel aus Bremen. Das Ehepaar hatte ein einziges Kind: Elfriede, geb. in Bremen 1910. 1932 heiratete sie den Viehhändler Otto Spiegel.
Nach dem Novemberpogrom am 10. November1938 kam Albert Rosenthal ins KZ Sachsenhausen.
Nach seiner Entlassung lebte er noch einige Zeit in Zeven. Doch am 17.11.1939 musste er Zeven verlassen und nach Bremen in ein "Judenhaus" in der Franz-Liszt-Straße 11a umziehen. Es folgte Zwangsarbeit in Bremen und schließlich die Deportation nach Minsk. Albert und Ida Rosenthal wurden dort ermordet.
Ihre Tochter Elfriede war vermutlich 1939 mit ihrem Ehemann nach Shanghai emigriert.
Familie Samson und Ehepaar Lazarus
Hermann Samson wurde am 9. August 1906 in Zeven geboren. Beruflich war er als Viehhändler tätig.
1932 heiratete er Frieda, geb. Frank. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Henriette, geb. in Zeven 1933, und Manfred, geb. in Zeven 1937.
Hermann Samson wurde vom Zevener Volksmund als "Hermann Jud" bezeichnet, weil er äußerlich der Klischeevorstellung von einem Juden entsprach. Seine Familie lebte seit Generationen in Zeven.
Hermann Lazarus war Pferdehändler aus Oldenburg und kam nach der Ausweisung der Oldenburger Juden 1940 nach Zeven. Hier heiratete er Hermine Frank, die mit Frieda Samson, geb. Frank, verwandt war. Das kinderlose Ehepaar wohnte mit der Familie Samson zusammen in der Kirchhofsallee 186 (heute Nr. 6).
Die beiden Männer konnten unter harten Bedingungen (Hermann Samson war 1940 krank und arbeitsunfähig) als Arbeiter im Torfwerk Oldendorf den Lebensunterhalt ihrer Familien verdienen.
Die Familie Samson wurde in Minsk ermordet. Ihr Besitz wurde versteigert. Die Nationalsozialisten verschonten auch das Ehepaar Lazarus nicht und ermordeten es, vermutlich ebenfalls in Minsk.
Familie Siegfried Neugarten
Siegfried Neugarten wurde am 16.03.1887 in Mengede bei Dortmund geboren. Er erlernte das Schlachterhandwerk und arbeitete zeitweise im Viehhandelsgeschäft seines Vaters mit. 1911 ging Siegfried Neugarten nach Zeven, um Johanne (Hanna) Samson zu heiraten, die Tochter von Adolf Samson. Hanna starb am 18.05.1934 in Zeven und wurde auf dem jüdischen Friedhof in der Ahe beerdigt.
1935 heiratete Siegfried die aus Ostfriesland stammende Melitta Cohen (geb. 1911). Mit ihr hatte er auch eine Tochter, Ilse Neugarten, die am 14.01.1936 in Zeven geboren wurde.
Siegfried Neugarten betrieb in der Langen Straße 32 eine Schlachterei (Freibank). Zusammen mit seinem Bruder Erich hatte er das größte Viehhandelsgeschäft am Ort, das zeitweise bis zu vier Aufkäufer beschäftigte.
Die Neugartens hatten einen sehr guten Ruf als Geschäftspartner, weil sie auch bei Zahlungen von wirtschaftlich schlechter gestellten Kunden lange warteten. Zudem war Siegfried Neugarten aktives Mitglied im Zevener Schützenverein.
Siegfried Neugarten wurde von den Nationalsozialisten in Zeven in besonderer Weise verfolgt. Mehrmals warfen sie bei ihm die Fensterscheiben ein. Am 16.09.1937 hängte man ihm ein Rassenschande - Verfahren an. Er kam für 3 Jahre ins Zuchthaus Hameln. Sein Betrieb wurde 1937 abgemeldet. Noch während seines Gefängnisaufenthaltes musste er sein Haus und die Weiden verkaufen.
Im April 1938 zog seine Frau Melitta mit ihrer kleinen Tochter zunächst von Zeven nach Oldenburg und dann nach Bremen. Von Bremen wurden sie nach Minsk deportiert und dort ermordet. Das Schicksal von Siegfried Neugarten kann nicht zweifelsfrei geklärt werden. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis lebte er in Wesermünde, vermutlich wurde er am 17.11.1941 nach Minsk deportiert.
Simon Levi Wolff wurde am 12. Dezember 1858 in Aurich geboren. Er zog 1929 mit seiner Familie von Harsefeld nach Zeven. Von Beruf war Wolff Viehhändler. Er war verheiratet mit Rosa, geb. Stahl (geb.1868 in Esens). Nach ihrem Tod schloss er 1902 die Ehe mit Klara Horn, geb. 1868 in Düsseldorf.
Simon Levi Wolff war Vater von 16 Kindern, u.a. Gelly, Frieda Selma, Friedrich Simon, Kurt Siegmund, Wilhelm Ernst, Max, Joseph und Linda.
Einige von diesen Kindern retteten ihr Leben und das ihrer Familien, indem sie nach Übersee emigrierten.
Max Wolff entschied sich 1937 für die Auswanderung nach Kolumbien. In einem Zeitzeugengespräch sagte er: "Ich wollte mich nicht mehr anspucken lassen."
Im Mai 1938 reiste er mit seiner Familie und seinem Bruder Joseph aus. Wilhelm Ernst und Friedrich Simon wanderten nach Chile aus. Viele andere Familienmitglieder und Geschwister wurden in Vernichtungslager deportiert.
Simon Levi Wolff starb 1936, seine Frau Klara kam in Minsk um.
Max Wolff kehrte mit seiner Familie 1959 nach Zeven zurück.
Martha Deichmann wurde am 12. August 1884 in Hoya geboren. Gemeinsam mit ihrem drei Jahre älteren nichtjüdischen Ehemann Friedrich Helmke, der sein Geld als Viehhändler verdiente, und den beiden gemeinsamen Kindern Lotte (geb. 1911) und Hans (geb. 1915) zog sie um das Jahr 1920 nach Zeven. Friedrich handelte als Viehhändler hauptsächlich mit Schweinen. Die Familie genoss hohes Ansehen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten änderte sich dieses rasch. So wurde ihr beispielsweise die Wohnung durch den Vermieter gekündigt.
Aufgrund der nichtjüdischen Abstammung ihres Mannes erfuhr Martha Helmke im Vergleich zu anderen Juden noch einen gewissen Schutz. Sie überlebte die NS-Zeit. Friedrich wurde häufig gedrängt, sich scheiden zu lassen, was er jedoch nicht tat, denn das hätte vermutlich den Tod für seine Familie bedeutet. Friedrich Helmke wurde in Zeven-Aspe zur Arbeit in der Munitionsanstalt zwangsverpflichtet, später ins Arbeitslager in Farge (Bunker Valentin) verschleppt. Er überstand die katastrophalen Lebensbedingungen und unmenschlichen Behandlungen in den Lagern. Lotte Helmke überlebte die NS-Herrschaft in Deutschland unter vielen Schikanen und Lebensbedrohungen in Stade. Hans wurde zunächst in die Wehrmacht eingezogen und 1940 wieder entlassen. Er schlug sich bis zum Ende des Krieges als Illegalisierter in Berlin durch. Der Bruder von Martha Helmke, Siegfried Deichmann, und ihre Schwester, Henny Deichmann, wurden zusammen deportiert und im Osten umgebracht.
Mit dem Nationalsozialismus entwickelte sich eine systematische Ausgrenzungspolitik, die die Juden immer mehr aus dem öffentlichen Leben ausschloss und immer weiter bis zur sogenannten „Endlösung“ führte. Mit der Festigung des Antisemitismus in den Gesetzen des Deutschen Reichs durch die „Nürnberger Gesetze“ wurde die Ausgrenzung dann rechtlich legitimiert.
Vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten waren Juden relativ gut in das alltägliche Landleben integriert. Sie zählten zwar nicht direkt zur Dorfgemeinschaft, jedoch wurden sie zumeist respektiert, so dass es auch zu gemeinsamen gesellschaftlichen Tätigkeiten wie dem Vereinsleben oder Kartenspielen in Wirtshäusern kam. Vielerorts gab es noch zusätzliche Bande durch den gemeinsamen Kampf im Ersten Weltkrieg.
Zunächst blieben die meisten Juden auch nach der Machtergreifung durch die NSDAP auf dem Land, trotz der zunehmenden Verfolgungen. Sie versuchten diese zu ertragen, da sie meist heimatverbunden waren und die Zunahme der Übergriffe als zeitweilige Erscheinung sahen.
Da eine Auswanderung außerdem durch Besteuerung und Vermögenseinbehalt zu großen finanziellen Einbußen führte und ein Neuanfang im Ausland schwierig war, schreckten viele vor diesem endgültigen Schritt zunächst zurück.
Im Jahr 1937 verstärkten die Nationalsozialisten in Zeven den direkten Druck auf die jüdischen Einwohner.
In einem mit dem Vermerk "Eilt sehr" versehenen Schreiben an den Bürgermeister der Stadt stellte die Zevener Ortsgruppe der NSDAP am 5. Oktober den Antrag, sämtliche Juden aus Zeven auszuweisen.
Kurz darauf antwortete die Gestapo Wesermünde auf das Schreiben. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass nicht jeder Ort seine Juden abschieben könne und dass diese Frage im "großen Maßstab" behandelt werden müsse. Die Gestapo empfahl der Ortsgruppe Zeven, den wirtschaftlichen und sozialen Druck auf die Juden zu erhöhen, um diese zur Auswanderung zu drängen.
Schon vor 1933 gab es auf dem Land national-sozialistische Bestrebungen, die mit antisemitischen Handlungen einhergingen.
Mit dem Nationalsozialismus ab 1933 begann der Ausschluss der Juden aus dem öffentlichen Leben. Sie wurden zum Beispiel aufgefordert, ihre Freizeitvereine zu verlassen, ihnen wurde verboten, öffentliche Bäder, Parks, Theater, Kinos und Lokale zu besuchen. Nicht-Juden wurden dazu gedrängt, keine Kontakte zu Juden zu unterhalten.
Der Prozess der wirtschaftlichen Verdrängung begann mit dem Boykott jüdischer Geschäfte und steigerte sich über Gewerbeverbote bis zum Zwangsverkauf jüdischer Betriebe.
Die meisten der Zevener Juden verdienten ihr täglich Brot als Viehhändler. Anfangs konnten sie den Vieh-handel aufgrund ihrer langjährigen guten Geschäfts-beziehungen aufrechterhalten. Der Marktanteil der jüdischen Viehhändler betrug in Deutschland ca. 50% und war nicht sofort zu ersetzen. Zudem handelten viele Bauern auch weiterhin mit ihren traditionellen Geschäftspartnern. Die Nationalsozialisten übten jedoch immer mehr Druck auf die jüdischen Viehhändler aus, indem sie ab 1935 Juden die Teilnahme an Viehmärkten unter-sagten und Personen, die noch mit ihnen handelten, öffentlich anprangerten.
1937 wurde den jüdischen Viehhändlern in Zeven der weitere Handel mit Vieh aufgrund einer Verordnung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft verboten. Sie durften danach kein Vieh mehr aufkaufen, sondern nur noch die Viehbestände absetzen, die sie noch besaßen.
Auf eine Anfrage des Landrates in Bremervörde zur Erfassung von jüdischen Gewerbebetrieben meldete der Zevener Bürgermeister am 18.08.1938, dass keine Juden mehr im Viehhandelsgewerbe tätig waren.
Reichspogromnacht in Zeven
Wie im gesamten nationalsozialistischen Deutschland traf die Reichspogromnacht 1938 die jüdische Bevölkerung auch in Zeven schwer.
Das Pogrom begann am 10. November in Zeven damit, dass die Juden gegen 5 Uhr morgens geweckt und verhaftet wurden, um dann unter dem Beifall der Bevölkerung, in einem offenen Lastwagen transportiert zu werden, der oftmals stark bremste, sodass die Verhafteten durcheinander fielen. Ziel war Erich Neugartens Haus in der Gartenstraße.
Hier wurden die Zevener Juden vorerst im Keller festgehalten. Nach der Freilassung der Frauen und Kinder transportierte man die Männer nach Wesermünde zur Gestapo.
Das Ergebnis: Alle jüdischen Männer über 16 Jahre wurden in das Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin verschleppt und waren wochenlang unmenschlichen Qualen ausgesetzt.
Die Einrichtung des Betsaals wurde am 10. November auf den Marktplatz (heute Busbahnhof) gebracht und dort öffentlich verbrannt. Mehrere Schulklassen kamen unter der Leitung ihrer Lehrer herbei, um dem Ereignis beizuwohnen.
Auf dem jüdischen Friedhof in Zeven wurde im Herbst 2008 ein Gedenkstein aufgestellt.
Die Anregung kam vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen und wurde in enger Abstimmung mit ihm umgesetzt.
Mit der Aufstellung des Steines verband sich der Gedanke, der Zevener Juden, die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik geworden sind, namentlich zu gedenken.
Der Stein trägt die Namen derjenigen Juden, die entweder lange Zeit in oder bei Zeven gewohnt haben oder von hier aus deportiert worden sind.
Die meisten von ihnen gelangten mit dem Transport vom 18. November 1941 von Bremen nach Minsk. Hier kamen sie in das jüdische Ghetto. Sie litten unter Hunger, Kälte und unmenschlicher Behandlung.
Am 28. Juli 1942 wurden zahlreiche Juden aus dem Bremer Transport bei den Massenerschießungen in Minsk und dem nahe gelegenen Vernichtungslager Maly Trostinez umgebracht.
Nur sechs von den 978 Deportierten des Transportes vom 18. November 1941 überlebten die Vernichtungslager.